Kastrierte Kleiderbügel

Verfasst am 17.05.2012 von

„Ich habe etwas Ungeheuerliches festgestellt und bin damit endlich bin ich hinter das Erfolgsgeheimnis des „Rhönschaf-Hotels“ gekommen: „Sie vertrauen Ihren Gästen!“ Diese Zuschrift eines weiblichen Fans mit der Überschrift „Vorsicht Lob!“ ist garantiert schon 4 Jahre alt. Und immer noch aktuell…

Die Dame hatte sich gewundert, was bei uns alles so offen herumsteht und liegt. Bilder und Einrichtungsstände nicht festgeschraubt sind. Rhöner Produkte, die das ganze Haus von oben bis unten dekorieren. Ein offenes Bücherregal für die Nachtlektüre. Und sogar die Kleiderbügel sind nicht kastriert! Natürlich verschwindet auch bei uns das eine oder andere. Aber mal ehrlich: Es wird immer solche Idioten geben, die glauben, sie haben Kleiderbügel, Fernseher, Bücher oder Gläser mitbezahlt. Das ist jedoch nur ein ganz geringer Prozentsatz an Gästen. Soll ich jetzt das uns allen bekannte staatliche System der Pauschalierung einführen und alle anderen dafür abstrafen, das solche Gäste das Vertrauen mißbrauchen?
Nein! Das kann und will und werde ich nicht einsehen. Auch wenn es manchmal schwerfällt. Wie neulich, als ein Gast in der Wirtsstube einfach eine Blökdose einsteckte und auf unsere Frage „Wo er diese gekauft hat“ antwortete: „Ich habe der Bedienung doch Trinkgeld gegeben!“ Diese Dreistigkeit hat uns alle sehr betroffen gemacht.
Gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Erfolg (was ist das eigentlich?) und Vertrauen? Ich bin der festen Überzeugung, das unser gemeinsames Miteinander und ein erfülltes Leben davon abhängt, wie ich mit dem Thema Vertrauen umgehe. Wenn ich jemandem vertraue und dies meinem Gegenüber auch kommuniziere, dann nehme ich ihn gleichzeitig in die Verantwortung. Dabei ist es völlig egal, ob dies ein Gast, ein Mitarbeiter, ein Freund oder ein Mitglied meiner Familie ist.
Übrigens: Sehr oft werde ich nach einem Seminartag von meinen Auftraggebern in Top-Hotels untergebracht. Oft ist es schon spät am Abend und ich bin rechtschaffend müde. Der Absacker an der Theke tut sein übriges. Und jetzt will ich nur mein Jacket im Schrank des schlecht beleuchteten Zimmerflurs aufhängen. Ich stecke meinen Kopf in den Schrank und entdecke sie: Kastrierte Kleiderbügel! Grausam. Gästeverachtend. Fies. Mittlerweile versuche ich schon gar nicht mehr, diese Dinger, die verboten werden sollten, einzufädeln. Sinnlos. Warum tut man das den Gästen an?
Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, das man zu ihm Vertrauen hat. Matthias Claudius wusste es…

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