Kostenfaktor Mensch – „Hurra, ich habe noch Personalkosten!“
Für impulse-Blogger Jürgen Krenzer sind Menschen kostbar – und keine Kostenfaktoren. In seinem Hotel beschäftigt er sogar mehr Personal als nötig. Er findet: Das ist eine Investition in die Zukunft.
Warnung: Nachstehender Text ist nicht wissenschaftlich fundiert und wird jeden Controller in den Wahnsinn treiben. Er ist nämlich in die Zukunft gerichtet.
Wenn ich früher mit anderen Hoteliers und Restaurantbetreibern zusammenkam, sprachen wir oft über Kosten. Jeder hatte seine Kennzahlen, und die sollten möglichst niedrig sein. Wer seinen Gewinn maximieren will, der braucht niedrige Einkaufspreise und darf bloß nicht zu viel Geld für Personal ausgeben – soweit die Wirtschaftswissenschaft 1.0.
Alle sagten mir die zeitnahe Pleite vorher
Ich bin zwar auch BWLer, habe das aber immer ganz anders betrachtet. Als ich Anfang der 90er Jahre die Chance hatte, das Fleisch des Rhönschafs gastronomisch zu vermarkten, hätten betriebswirtschaftlich alle Alarmglocken läuten müssen. Der Wareneinsatz lag weit über der allgemein üblichen Quote, weil das rare, aber sehr genussvolle Fleisch fast dreimal so viel kostete wie Lammfleisch aus Neuseeland.
Alle Kollegen sagten mir damals – ich war gerade erst drei Jahre vorher in den elterlichen Betrieb eingestiegen – die zeitnahe Pleite vorher. Aber es sollte anders kommen: Unser Engagement unter dem Motto „Artenschutz per Speisekarte“ machte europaweit Furore und unseren Laden über die Grenzen der Region hinaus bekannt. Wir konnten viele neue Gäste gewinnen und die Umsätze enorm steigern. Und weil wir an unserer Regionalvermarktungs-Strategie festhielten, konnten wir unser Unternehmen sichern.
Wir hatten schon damals den „Mut zum Preis“, der heute immer noch vielen Unternehmerkollegen fehlt. Wir hatten aber auch gar keine andere Wahl, als auf Spitzenpreise zu setzen – eine Strategie, die damals in der Betriebswirtschaftslehre nicht besonders weit verbreitet war.
Plötzlich redet man nur noch vom Fachkräftemangel
Heute wird an den Wirtschaftsunis tatsächlich noch dasselbe unterrichtet wie im Jahr 1988. Aber wir haben jetzt ganz andere Probleme im Land: Uns gehen die Fachkräfte aus! Kaum noch jemand will in der Tourismusbranche arbeiten – die ja bekanntlich geprägt ist von Wochenendarbeit, vergleichsweise niedrigen Löhnen, unbezahlten Überstunden und Dienstplänen, die ständig geändert werden. Um nur einige Nachteile zu nennen …
Wenn ich heute mit Kollegen zusammenkomme, gibt es nur ein Thema: den Mitarbeitermangel in unserer Branche! Viele mussten schon ihre Öffnungszeiten anpassen, ihr Geschäftskonzept ändern oder den Laden komplett dichtmachen, weil sie nicht genügend gute Mitarbeiter finden konnten. Und das, obwohl die Konjunktur brummt wie die Sau.
Plötzlich ist keine Rede mehr von den Personalkosten. Wenn ich erwähne, dass ich in meinem Betrieb sogar eher mehr Leute beschäftige, als ich wirklich brauche, sind die Gespräche oft sehr schnell beendet.
Jawohl, ich gebe Geld für Personal aus! Und bin stolz darauf. Für mich sind Personalkosten mehr als ein Kostenfaktor. Es sind Investitionen in Menschen, die unser Unternehmen weiterbringen.
Warum ich mir Personalkosten gern leiste
Was vor 26 Jahren das seltene und vom Aussterben bedrohte Rhönschaf war, wird jetzt von der raren und ebenfalls vom Aussterben bedrohten Mitarbeiter-Spezies in der Gastronomie abgelöst. Wie damals ernte ich Kopfschütteln von den Kollegen. Und immer wieder höre ich die Frage: „Wie kannst du dir das leisten?“
Meine Antwort ist ganz simpel: Ich leiste es mir einfach. Weil ich das gute Gefühl habe, das absolut Richtige zu tun. Wie anno 1992. Das ist eine Investition in die Zukunft.
Was Investitionen in Menschen angeht, sollte so mancher Unternehmer umdenken. Ein Beispiel: Viele kaufen auf Betriebskosten ein iPhone für mehr als 1000 Euro. Ich bin mir sicher, dass sie maximal 20 Prozent dessen nutzen, was das kleine Teil kann. Vermutlich eher 10 Prozent. Aber da diskutiert keiner, ob das Preis-Leistungsverhältnis stimmt! Niemand sagt: Dann darf das Smartphone doch eigentlich nur 200 Euro kosten!
Bei Investitionen in Hardware wird nicht genug nachgefragt – bei denen in Menschen einfach zu viel.
Bei zufriedenen Mitarbeitern fühlen sich Gäste gut aufgehoben
Gescheite Gehälter, keine Überstunden, auch am Wochenende mal Freizeit, Dienstplan drei Wochen vorher, gechillte Atmosphäre, keine cholerischen Vorgesetzten: Ja – das kostet Geld. Aber so kriegt man auch in meiner hart umkämpften Branche noch Mitarbeiter. Und was für welche! Zwei meiner Köche beispielsweise hatten der Branche eigentlich schon den Rücken gekehrt. Bei uns sind sie jetzt wieder glücklich.
Zufriedene, entspannte und gelassene Mitarbeiter sind für mich der Garant dafür, das sich unsere Gäste gut aufgehoben fühlen und selbst entspannen können. Die Gäste spüren das – und zahlen dafür gern auch ein wenig mehr …
Ein Kommentar
Eine absolut richtige Einstellung ,toll daß es solche Menschen wie Dich gibt. Wir
fühlen uns immer sehr wohl Bei Euch, und man spürt dies herzlich Atmosphäre !
Bis Bald, Rosi + Dieter Karger