Die K 50 DenkWanderung

Verfasst am 03.04.2015 von

Anlässlich meines fünften runden Geburtstags vor ein paar Tagen habe ich zu einer DenkWanderung von Seiferts zum Kreuzberg eingeladen. Und ich hatte ausschliesslich AndersDenker, QuerDenker und NachDenker dabei. Mit brennenden Themen statt brennenden Füßen auf dem knapp 25 Kilometer langen Weg. So zumindest der Plan…

Diese Idee verfolge ich ja nun schon lange. Aber wie bekommst du solch vielbeschäftigte Menschen aus der halben Republik an einem Wochentag in die Rhön zum Wandern? Und dann auch noch für mindestens einen ganzen Tag? Genau! Du musst erst mal 50 werden, Alter! Geschaaaft!!! Älter geworden als mein Vater und mein Opa. Yeaaah!

Der um 9 Uhr geplante Start verschiebt sich durch einige Überraschungs- Gratulanten um eine Viertelstunde nach hinten. Wir laufen gerade bei Kilometer 4 durch Wüstensachsen. Da meine Ex-Azubine Steffi und ich das Tempo von Anfang an hoch halten (schliesslich wollen wir im Hütten- und Wirtshaus-Verpflegungsplan bleiben) schnaufen schon einige in der 12köpfigen Gruppe. Nicht aber Lauffreund Frank vom Laufladen in Erfurt. Wir reden gerade über Männer, Manager, Testesteron und Ultraläufe. Und darüber das viele Menschen weder geliebt noch „gesehen“ werden und sich dann trotz stressigem Job im Extremsport austoben. Frank: „Da musst du mal einen Blök zu schreiben!“ Ich: „Das will doch eh keiner lesen, oder? Die Wahrheit ist immer schwer zu ertragen!“

Aber zumindest gibt es hier einen kurzen Einblick in viele tiefgehende Gespräche. Bei Frank schlagen dann diese ganzen Extremis auf – mit diversen Blessuren. Wollen nicht hören, das sie mal „lammsam“ machen sollen. Nein. Die brauchen nur andere, bessere Schuhe. So geht das heute eben. Ich war ja auch mal einer von „Denen“. Einer der meinte, mitten im Apfelherbst trotz Kelterstress noch den schnellen Essener Baldeney-See-Marathon zu laufen. Danach war ich einen Monat lang ausgeschaltet. Das ist jetzt 15 Jahre her. Ich laufe nicht mehr so schnell und bin auch nicht mehr so abgemagert wie damals. Und es geht mir gut dabei. Ganz nebenbei bemerkt: : Die Zeit von 3 h 49 min für 42,195 km steht! Für immer. Doch was bringt es mir?

Aber es ist schon was dran: Mangelnde Liebe, keine Anerkennung und Wertschätzung oder null Wahrnehmung in der Öffentlichkeit drängen Menschen gerade dazu endlich mal „gesehen“ zu werden. Gelinde gesagt ist da ja ein Ultralauf ja noch o.k.. Andere gehen auf Pegida-Demos. Wieder andere schmeissen vor Spaziergängern Böller in eine Entenfamilie im Stadtpark. Solange das ja noch so ausgeht ist alles in Ordnung. Aber in jüngster Zeit gab es leider auch andere Aktionen von Menschen, die endlich mal „gesehen“ werden wollten in unserer Gesellschaft. Und die gingen nicht gut aus. Tendenz steigend?  Eines steht fest: Es gibt zu wenig Liebe in unserer Welt. Dabei wäre das doch so einfach. Gerade hat meine Lieblingssängerin Graziella Schazad ihr neues Album „India“ veröffentlicht. Mein Lieblingssong „Love is“ hat den recht einfachen, aber einprägsamen Refrain: „Love is cool, love is fun, love ist free for everyone so take it…“

Angekommen bei einer Lammbratwurstpause am Roten Moor rede ich mit Steffi über die Kommunikation zwischen Mann und Frau. Ein spannendes Thema. Denn gerade im Moment kommt meine attraktive ehemalige Azubine und jetzt ehrgeizige Unternehmerin in der Kommunikation mit ihren männlichen Handwerkern ganz und gar nicht klar. Weil viele Männer mit dem Thema „Ich kommuniziere mit einer attraktiven UND selbstbewussten, erfolgreichen Frau ein Riesenproblem haben. Die meisten von uns Männern stehen eben eher auf den Typ „Angeschossenes Reh“. Hierzu eine Hörbuch-Empfehlung für ALLE männlichen Blök-Leser: Isabell Garcia: Ich rede mit einer Frau. Als Chef, als Vater, als Verführer. Das Schöne an dem Hörbuch: Isabell Garcia ist eine begnadete Sprecherin und spricht ihre eigenen Texte. So hörbuchfasziniert war ich zuletzt bei Harpe Kerkeling, der seinen Bestseller „Ich bin dann mal weg!“ auch selbst sprach. Die meisten Hörbuchsprecher sind leider männliche, sonore, fast roboterhafte Stimmen – ohne jegliche Emotionen. Ich habe so viele Hörbücher. Sollte ich die beim Autofahren anhören, dann wäre ich ein riesengroßes Verkehrsrisiko. Ich penne da sofort ein…

Kurz vor dem Kreuzberg rede ich mit meiner Schwester Anja – mittlerweile Unternehmensberaterin in Hagen/Westfalen. Es geht um Seiteneinsteiger in Gastro und Hotellerie. Und die häufigsten Fehler die in unserer Branche begangen werden. Gezeichnet vom Aufstieg und etwas genervt über meinen so geliebten Beruf und viele Kollegen die nix begreifen aber immerzu jammern antworte ich. „Seit wann machen Gastronomen und Hoteliers Fehler?“

Mit meinem Freund Walter philosophiere ich über unser Lieblingsthema. Immer schneller, weiter, höher? – oder was? Brauchen wir immer grössere Wohnungen oder Häuser, besseren Lebensstandart, Urlaub zum Angeben, ein geileres Auto (und natürlich auch Frau) als unser Nachbar? Dafür müssen wir eben immer mehr arbeiten – ob wir das nun gerne tun oder nicht.  Ich erinnere ihn an einen Freund, der mir vor anderthalb Jahren eine Konzeptidee präsentierte wie „krenzers rhön“ noch größer, feiner, erfolgreicher werden wird. Mit Tiefgarage für Luxuskarren und natürlich Luxussuiten. Aber wozu? Will ich das? NEIN! Heinrich Böll schrieb im Jahr 1963 zum Tag der deutschen Arbeit für den Norddeutschen Rundfunk nachstehende Kurzgeschichte:

In der Anekdote von Heinrich Böll aus dem Jahre 1963 geht es um einen Touristen, der einen Fischer kennenlernt und im Gespräch mit ihm begreift, dass man auch ohne große Karriere glücklich sein kann.

Ein Tourist weckt in einem Hafen an der Küste Westeuropas einen in dessen Boot schlafenden Fischer auf, als er Fotos macht. Nachdem er ihm eine Zigarette geschenkt hat, befragt er ihn zu seinen heutigen Fängen, und erfährt, dass dieser bereits fertig gefischt hat, und mit seinem Fang zufrieden ist. Der Tourist begreift nicht, wieso der Fischer nicht öfter ausfahren möchte, um finanziell aufzusteigen und erfolgreich Karriere zu machen, und schildert ihm enthusiastisch, was er durch mehr Arbeit alles erreichen könnte. Am Gipfel seiner Karriere angekommen, könne er sich dann zur Ruhe setzen und in Ruhe im Hafen dösen. Der Fischer erwidert, dass er das auch jetzt schon könne. Der Tourist begreift, dass nicht nur mehr arbeiten zum Glück führen kann.

Dem ist wohl nicht määhr viel hinzuzufügen. Das Leben kann so einfach sein. Kann…

Zum Abschluss dieses Blöks mein Lieblingszitat meines Freundes und ehemaliger Kult-Winzers Erhard Heitlinger. Der steht jeden Morgen auf mit dem Stoßgebet: „Lieber Gott! Gib mir jeden Tag die Kraft mich dem Gewöhnlichen zu widersetzen!“

Und es war bestimmt KEIN Zufall, das Erhard mich kurz vor dem Start unserer legendären Wanderung angerufen hat…

DANKE an alle meine Freunde für Eure Freundschaft!

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