Die Bio-Totengräber

Verfasst am 16.02.2011 von

Norbert Storch beliefert uns schon seit 15 Jahren mit einem wohlschmeckenden Rotwein aus biologischem Anbau. Er bezieht ihn von seinen Freunden, die dieses Öko-Weingut mit Liebe und Leidenschaft in Spanien betreiben und dort als Bio-Pioniere gelten. Doch dieser Wein ist plötzlich kein Bio-Wein mehr. Weil Zwischenhändler und Vermittler Norbert nicht biozertifiziert ist…

Wir waren 1994 der erste Gastronomiebetrieb, der ein damals unbekanntes Produkt namens Bionade ausgeschenkt hat. Heute ist die Bionade sogar ein waschechtes Bio-Produkt. Doch wenn unser langjähriger Getränkehändler Holger Stehling aus dem Nachbarort die Bionade anliefert, ist diese plötzlich nicht mehr „Bio“…

Metzgermeister Dirk Ludwig hat sich wie kein anderer als Fleischveredler dem Rhönschaf verschrieben. Er bezieht das Öko-Lammfleisch vom Rhönschaf direkt aus dem Biosphärenreservat. Doch wenn er mir die leckeren Keulensteaks und Lammwürste liefert, sind diese nicht mehr „ökologisch“…

Denn wenn der „Überbringer“ dieser authentischen Bio-Produkte sich nicht für viel Geld zertifizieren lässt (ca. 500.- Euro jährlich plus anstrengend-zeitaufwendiger Kontrollen durch Kontrolleure, die oftmals gar nicht wissen was sie da tun) dann wird aus dem astrein ökologisch erzeugten Produkt wieder ein „Konventionelles 08/15 – Produkt“. Zumindest rechtlich. Und wir sind ja ein Rechtsstaat. Also ist das alles „Recht“. Es ist ein Wahnsinn, welcher Schwachsinn im Moment beim Thema „Bio“ Oberwasser hat. Allen voran die Behörden (einen herzlichen Gruß an die hessischen Regierungspräsidien) die aus einer Amöbe zur Zeit einen Saurier machen.

Ich wage mal einen Vergleich: Wir haben an normalen Tagen knapp 50 Leute, die unseren immer von 8 bis 24 Uhr geöffneten Laden besuchen. In einer Woche wären das dann 350 Menschen. Im Monat  knapp 1000. Macht im Jahr zirka 12.000 Kunden. Jetzt stellen wir plötzlich fest, das einer von den 12.000 Kunden eine Flasche ApfelSherry geklaut hat. Was machen wir am nächsten Tag? NICHTS!

Was machen die Behörden? Sie bestrafen die restlichen 11.999 Kunden mit einer verschlossenen Tür. Und einer Klingel. Und mit einem Verkauf nach Aufschließen dieser und unter ständiger Beobachtung des Kunden. Die Kultur des Mißtrauens hat zur Zeit Hochkonjunktur! Das ist krank und macht die Menschen auch krank!

Zurück zum Thema Bio: Wer glaubt, das sei eine ganz normale Kettenreaktion aus dem System des Mißtrauens der irrt. Es gibt – leider nicht nur in Hessen – ein System, das „Bio“ als Marketing-Instrument der Großen etablieren soll. Der kleine Betrieb hat überhaupt keine Chance mehr, sich ohne Subventionen marktgerecht zertifizieren zu lassen. Denn die Kosten sind gleich. Es spielt keine Rolle, ob Lidl oder Metzgermeister Ludwig zertifiziert werden. Das ist ein Skandal. Ein unglaublicher Vorgang, der von der Politik einfach so hingenommen wird. Denn das Thema „Bio“ kann so ziemlich leicht abgehakt werden. Denn eigentlich stört das die meisten. Und es ist irgendwann endlich.

Die Revolution frisst ihre Kinder. Genau das passiert im Moment. Und alle schauen zu. Und alle tun auf der BioFach in Nürnberg – immerhin die Leitmesse für Bio-Produkte – als wäre nichts gewesen. Dabei trägt man gerade das authentische „Bio“ zu Grabe. Mit staatlicher Genehmigung.

Ich werde dieses Jahr nicht diese Messe besuchen. Denn es würde weh tun. Ich kondoliere schon mal.

Aber ich gebe nicht auf! Mir ist es als zur Zeit biozertifizierter Wirt nicht möglich, mit meinen bisherigen langjährigen Weggefährten zusammen zu arbeiten. Oder doch? Dann habe ich zwar immer noch Bio-Produkte. Nur darf ich diese als solche nicht mehr ausloben. Das heißt, auf meiner Karte stehen „nur“ noch regionale Produkte. Aber ich würde die Menschen in der Region unterstützen und nicht solche Profitgeier wie die Bio-Großhändler Dennree, Elkershausen & Co. . Die beziehen ihre Rote Beete dann aus Kanada. Na und? Ist doch Bio? Oder was?

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