Haste Powerpoint oder h a s s t du Powerpoint? Oder haste tatsächlich was zu sagen?
Es ist oftmals schon eine Zumutung, was einem als Menschen so angetan wird. Powerpoint-Präsentationen haben doch tatsächlich die langweiligen Diaabende abgelöst. Der Fortschritt kann aber oft nur eine Verschlimmbesserung sein…
Donnerstag, 19. November 2009, 10.35 Uhr:
Ich bin im ICE von Hannover nach Fulda unterwegs. Suche und finde den letzten freien Platz im Bord-Bistro. Sitze zwischen Thomas, Busfahrer aus Uffenheim und Jan, Polizist aus Hannover. Es entwickelt sich ein kleiner, munterer „Trialog“: Jan muß nach Frankfurt/Main zum 3tägigen Tötungs-Erkennungs-Seminar. Thomas wollte einen Bus in Hamburg kaufen, hat ihn aber nicht bekommen. Und sitzt deshalb genau hier zwischen uns. Ist etwas frustriert. Jan dagegen sehr mitteilsam. Er interessiert sich für mein Blackberry.
„Damit kann man doch alles machen?“ Wahrscheinlich, denke ich. Demnächst sogar noch rasieren. Einfach zwischendurch im Bord-Bistro. Genial! Nur die Termine muss man dummerweise noch selbst wahrnehmen.
Jan hasst Seminare. Oder eher die Referenten? Ich erzähle ihm, das ich auch ein Referent bin. Ein „Scheissreferent“ sogar und eine gleichlautende Homepage habe. Und das ich nicht mit Powerpoint arbeite. Weil Powerpoint Wirkung vernichtet. Und das man heute einfach anders präsentieren muss. Zum Beispiel mit einer Flipchart oder skurrilen Gegenständen. Jan hört mir aufmerksam zu. Plötzlich steht er wortlos auf, geht zur Bistrotheke und holt 2 Weißbiere. Ich habe in meiner 20jährigen Zugfahrt-Karriere noch nie ein Bier ausgegeben bekommen. Jetzt weiß ich, was Jan mindestens genauso hasst wie ich: Powerpoint!
Freitag, 27. November 2009, 9 Uhr:
Just in time laufe ich in dem Saal der Orangerie im Fuldaer Maritim ein. Und bin einer von vielen. Insgesamt sollen es 430 sein. 430 Menschen, die fast alle gleich aussehen. Passend zum trüben Novemberwetter grau in grau gekleidet. Aber (fast) alle in Anzügen. Alle gemeinsam in grau. Daher kommt wohl das Wort g r a u s a m. Eine rote Krawatte als Farbtupfer – ein bisschen Kreativität muss sein. Alle Jahre wieder – es ist Wirtschaftstag der IHK in Fulda. Ein Stelldichein des who is who in meiner Region. Klar, das ich da nicht fehlen darf. Aber irgendwie habe ich immer das beklemmende Gefühl, ich gehöre da nicht hin. Habe auch keinen grauen Anzug. Ich suche nach einem Sitzplatz. Vergeblich. Eng zusammengepfercht sitzen hier die Top-Wirtschaftsleute Mann an Mann. Ein paar Frauen sind auch dabei. Aber viel zu wenige. Der erste Redner beginnt – und ich habe immer noch keinen Platz. Besonders die Plätze in den hinteren Reihen scheinen sehr begehrt. Und wenn hinten schon voll ist, brauchst du doch vorne gar nicht mehr gucken, oder?
Weit gefehlt! Die gesamte 3. Reihe ist noch frei. Herrlich! Aber warum setzt sich hier keiner hin? Alle 5 Minuten macht es jetzt Kling und Schepper. Die Wassergläser fallen wie reife Äpfel auf den Boden. Ist einfach zu eng hier alles. Außer bei mir. Ich richte mich häuslich ein, strecke die Beine aus und studiere die Teilnehmerliste. Ich stehe da gar nicht drauf, weil ich mich erst gestern angemeldet habe. Der IHK-Präsident spricht. Erst einmal das übliche Wort-Geplänkel. Thema des Tages ist: „Mit Innovationen aus der Krise!“ Es sollte ein merk-würdiger Tag werden…
Lust auf Powerpoint, leere Worthülsen und philosophische Leitsätze wie „Nur wer gegen den Strom schwimmt, der erreicht die Quelle…“?
Im nächsten Blök dann määhr…