FremdWandern 1. Tag
Irgendwann steht der Entschluß: Ich muss mal wieder FremdWandern! Und zwar in der Fränkischen Schweiz. Vor der Apfelernte noch einmal zweieinhalb Tage Energie tanken. Ein Rhöner mal nicht auf dem Hochrhöner – sondern auf den Pfaden des „frännggischen“ Gerstensafts. Na, das kann ja nur spannend werden…
Mittwoch, 9. September, 7.56 Uhr: In dynamischem Wanderoutfit inklusive Speed-Hiking-Stöcken betrete ich den pünktlich in Fulda einfahrenden ICE nach Würzburg. Von dort aus gehts mit 8 Minuten Umstiegszeit (sollte mit dieser sportlichen Ausrüstung sicher klappen) weiter über Schweinfurt nach Bamberg. Dort darf ich noch den Goldenen, weil 50. KRENZER-Biersud „zwickeln“ – also bei meinem Braumeister eine Probe vom Tank nehmen. Bevor es auf die Wanderstrecke geht. Weil – die „Drei Kronen“ in Memmelsdorf liegen auf meiner Route (noch via Taxi vom Bahnhof) und mein Brauguru Halu schwärmte am Vorabend noch begeistert von unserem Jubel-Sud.
Der Zug ist jetzt 3 Minuten vor Würzburg. Und immer noch pünktlich. Plötzlich hält er im Tunnel vor dem Bahnhof an. Vorausfahrender Zug – o.k. . Kenne ich. Zumindest die Durchsage. Für den letzten Kilometer benötigt der Hochgeschwindigkeitszug der DB dann fast so viel Zeit wie von Fulda nach Würzburg. Anschlusszug verpasst. Der nächste kommt erst in einer Stunde. Ich bin mächtig sauer. Hach, dabei sollte ich doch entspannt sein…
Memmelsdorf, 10.45 Uhr: Ich verkoste gerade das Jungbier unseres letzten Brauevents. Immerhin 50 (!) Malze haben wir hier verarbeitet. Normalerweise benötigt ein Brauer zwei bis vier Malzsorten für sein Bier. Bei der Fernsehplörre reicht auch ein Malz. Das Ergebnis: Unbeschreiblich! Was für ein Bier! Und jetzt habe ich ein echtes Problem. Wie kann dieses Bier auf der heutigen Tour noch getoppt werden? Mit meinem Braumeister fahre ich weiter nach Scheßlitz. Fässer aus- und einladen. Und als Belohnung für meine Bierfahrertätigkeit fahren wir weiter über Würgau nach Kübelstein. Von dort aus gehts endlich los! Aber ich werde einen Teufel tun um auch noch nach Kotzendorf zu laufen. Über Würgau und Kübelstein nach Kotzendorf. Mein Gott, diese Franken…
Mein Tagesziel heißt Heiligenstadt. Knapp 22 Kilometer. Und die erste Zwischenstation ist Huppendorf (Bild). Diese Dorfbrauerei ist gerade in Bamberg extem „en vogue“. Das Bier ist auch lecker. Aber viel besser als das hochgelobte Vollbier ist das Zwickel-Bier. Whow! Aber der Bohneneintopf (mit wenig Bohnen, aber viiiiel Rindfleisch) ist eine Sensation. Und jetzt sitze ich da in der Frühherbstsonne mit Blick auf den geschäftig-kleinen Brauereihof und weiß, das das hier jetzt und in diesem Moment ein Leben wie Gott in Fanken ist. Es ist wirklich sooo einfach…
Die Frage der empathischen Bedienung ob ich noch ein Seidla möchte stellt sich eigentlich nicht. Ich möchte hier bleiben. Nach „nur“ 8 Kilometern. Aber so geht das nicht, lieber Jürgen! Ich reisse mich von der freundlichen Bedienung los, zahle und mache mich auf den weiteren Weg ins Leinleitertal. Dieses wird von einschlägigen Wanderführer auch sehr empfohlen. Ich bin neugierig. Und wandere plötzlich durch ein sogenanntes „Trockental“. Und an der Quelle des nur 16 Kilometer langen Leinleiterbachs wird auch noch vor Hochwasser gewarnt! Was ist denn hier oben los? Haben die zuviel Lagerbier getrunken? Ich entdecke einen Tummler. Das ist genaugenommen eine Bergöffnung ganz oben wo im Frühjahr enorm viel Wasser rausläuft. Wohl eine regionale Spezialität. Die ich ja sooo liebe. Und deshalb kommt es in diesem wunderschönen karstgeprägten Trockental regelmäßig zu Hochwasser. Unvorstellbar. Vor allen Dingen dann, wenn man die junge, lautlos elegante sich mit wenig Wasser aber mit viel Romantik dahinschlängelnde Leinleiter entdeckt. Nein – ich habe noch nicht zu viel getrunken. Es ist nur gerade sehr verwunschen hier. Es ist einfach nur… der Hammer!
Und dann erreiche ich die Heroldsmühle.Auch der Hammer. Ein aussergewöhnlicher Ort. Ein fulminantes Mühlenanwesen aus dem späten Mittelalter. Stand wohl lange leer. Jetzt hat ein Frankfurter Aussteiger genau hier wohl seine Erfüllung gefunden. Und serviert Frankfurter Grüne Soß und natürlich auch Rindswurst. Und Apfelwein. Zum Glück nicht aus Frankfurt. Sondern aus dem fränkischen Pretzfeld. Ich bin aber heute auf Bier programmiert und genehmige mir ein Kellerbier des fränkischen Kult-Brauers Andreas Gänstaller. Lecker mit leicht-fieser Hopfenbittere. Gefällt vielen. Mir eben nicht. Hat kein Bock auf ein Zweites gemacht. Also weiter. Aber die nächste Brauerei ist nicht weit. Gerade mal anderthalb Kilometer entfernt in Oberleinleiter.
Die Brauerei Ott braut passable Biere. Aber irgendwie bin ich ein wenig erschöpft. Kann das nicht ganz so genießen. Die letzen Tage in krenzers rhön waren mental sehr intensiv – und ich will nur noch ankommen. Das tue ich auch. Und genehmige mir in dem Heiligenstädter Brauerei-Gasthof „Krone“ ein historisches Seelachsbrot mit Lachsersatz und ein Hausbier. Das Leben kann sooo einfach sein…
Fortsetzung folgt. Garantiert! Denn das was ich in der sagenumwobenen Waischenfelder Heckel-Brauerei erleben werde das glaubt mir eh kein Mensch…