Ein abgewrackter Start in den Tag

Was haben kaputte Kaffeemaschinen, zerstörte Glaskaraffen, Müllwerker-Trupps und Parteipolitiker, die so weit denken wie eine dicke Sau hüpft gemeinsam? Jede Menge! Sie werden staunen…
Letzten Sonntag in der Früh gab es für mich einen suboptimalen Start in den Tag. Ich bin in einem Hotel in der Nähe von Darmstadt aufgewacht. Denn in Darmstadt ist heute internationale Apfelweinmesse. Und da darf die Rhön natürlich nicht fehlen. Ich absolviere meine frühmorgendliche Laufrunde und stelle fest, das in Roßdorf entweder fast jedes Lokal in italienischer Hand ist oder italienisch kocht. Was nicht unbedingt schlecht sein muss – mal abgesehen vom Mangel an Alternativen.
Mit zwei Freunden waren wir am Vorabend natürlich auch bei einem Italiener. Wen wunderts? Direkt hinter der ESSO-Tankstelle. Was ich nicht erwartet hatte: Es war ein traumhafter Abend bei Freunden. Bei Diskussionen um das WM-Halbfinale 2006 und wirklich gutem Grappa. Und in Zukunft gibt es in diesem Lokal auch Apfelweine und Apfelsäfte aus der Rhön.
Als wir am späten Abend wieder ins Hotel zurückkehren, checkt gerade eine ganze Truppe Müllwerker ein. Wahrscheinlich findet in Darmstadt zeitgleich auch eine Müllmesse statt, ich glaube sie heißt Interschutt…
Doch zurück zu meinem Start in den Tag: Als ich frisch geduscht die überaus attraktive Rezeptionistin begrüße (ausnahmsweise mal nicht blond und großgewachsen wie bei vielen Hotelketten, die solche Prachtexemplare scheinbar alle von der gleichen Zuchtfarm beziehen) ist noch alles normal. Plötzlich scheppert es, als hätte jemand gewalttätig das ganze Büffet abgeräumt und die Joghurtschalen durch das Panoramafenster auf die vielbefahrene B 26 geschleudert. Ich sage noch mit unschuldsvollem Blick „Ich wars diesmal nicht!“ zur Empfangsdame und betrete den Frühstücksraum. Einer dieser Müllwerker hat es tatsächlich geschafft, diesen von mir innig gehassten mülljackenfarbenen 08/15-Multivitamin-Nektar derart geräuschvoll vom Büffet zu katapultieren, das selbst die Autos auf der nahegelegenen Bundesstraße wegen der Detonation kurzfristig langsamer fahren. Der ganze Fußboden ist jetzt multivitaminisiert und schímmert genauso orange wie die Trikots der Holländer oder die Jacken dieser Abwracktruppe.
Abgewrackt ist auch das Frühstücksbüffet, denn die Jungs haben ordentlich Hunger gehabt. Die verdrücken schon drei Semmel määhr als die übliche Weichei-Kundschaft der nebenan niedergelassenen Haftpflichtkasse. Ich finde das zunächst nicht tragisch, denn gestern Abend gab es sensationell gute und auch viel zu reichliche Versorgung hinter der Esso-Tanke. Als der große Filterkaffee-Dispenser keinen Tropfen schwarze Brühe määhr rausrückt, wende ich mich dem Jura-Kaffeeautomaten zu. Doch auf diesem klebt ein großes Schild: DEFEKT! Jetzt fängt der Tag an, richtig spannend zu werden. Denn ohne Kaffee am Morgen werde ich kein aufgeweckter Mensch!
Ein Frühstück ohne Kaffe ist ungefähr so wie eine Gasthausbrauerei ohne Bier. Doch das Personal hat leider keine Zeit, neuen Kaffee zu kochen. Es ist ja noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt und kriecht auf dem Fußboden umher. Da wir nicht määhr viel Zeit haben, frage ich genervt die hübsche Rezeptionistin, wann ich denn endlich einen Kaffee bekommen könnte. Immerhin sind mittlerweile schon 20 Minuten vergangen. Jetzt wird sie selbst aktiv, doch der rutschige Küchenboden ist nun gar nichts für ihre Designerstiefel, die man besser nur im Sitzen oder Liegen tragen sollte. Nach weiteren zehn Minuten gebe ich auf: Ich frage nach, ob es im Haus löslichen Kaffee gibt (ich weiss schon, das dies ziemlich eklig ist, aber ich war schon völlig unterkoffeiniert und da ist mir alles egal).
Jetzt mache ich mir mit dem Teewasser, was die Müllleute zum Glück nicht benötigten einen ziemlich starken Koffein-Cocktail. Damit überstehe ich auch die Formel 1 – Übertragung auf dem Riesenbildschirm. Welch fantastischer Start in einen anstrengenden Messetag. Aber eines finde ich klasse: Meine Rezeptionistin schaut mich ganz traurig an und lächelt noch dabei. Sie entschuldigt sich und findet ihren Start in diesen Tag auch nicht so toll. Ich habe jetzt das Gefühl, das sie es ernst meint. Und irgendwie tut sie mir mittlerweile auch leid. Erst die hungrigen Müllwerker, dann die zerdepperte Multivitamin-Karaffe von IKEA, anschließend noch zwei kaputte Kaffeemaschinen und last but not least das Ausscheiden von Sebastian Vettel in der Formel 1.
Das verkraftet keine Fau am frühen Morgen. Sie sagt: „Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen!“ Ich antworte: „Stimmt. Ich bin jetzt ja auch weg!“
Ach so, sie, liebe Leser fragen sich, was diese Geschiche mit abgewrackten Politikern zu tun hat? Stimmt, das habe ich ganz vergessen zu schreiben. Aber dieser Eintrag ist sowieso schon viel zu lang. Deshalb gibt’s beim nächsten Mal die Fortsetzung…