Du Deutsch?
Eigentlich wollte ich ja was ganz anderes blöken. Wie so oft. Aber nach dem heutigen Erlebnis auf dem Würzburger Haus kann ich nicht anders. Sofort fällt mir wieder die wunderbare Geschichte einer genauso bezaubernden wie konsequenten Kollegin ein. Die ganz zufällig aus Würzburg kommt. Und die Geschichte geht so:
„Ich betrete mit vier Geschäftspartnern ein in unserer Stadt einschlägig bekanntes Bierlokal. Als wir durch den großzügigen Eingangsbereich auf den Kellner zukommen, fragt dieser uns sofort: „Reserviert?“ Ich antworte darauf spontan: „Du Deutsch?“ Der Kellner leicht schockiert: „Ja! Warum???“ Ich antworte: „Dann fangen wir doch noch mal ganz von vorne an. Einen wunderschönen Guten Abend! Haben Sie bei uns einen Tisch reserviert?“ Das sitzt! Ziemlich angefressen zieht der Herr aller Reservierungen ab.“ Klasse, oder? Wir sollten mit sprachfaulem Service wirklich einmal reden. Soweit die Geschichte.
Donnerstag, 25. Juli 2013. Das Würzburger Haus ist eine Hütte mit freundlicher Selbstbedienung. Und das sind wir heute in der Tat. Nicht ganz so freundlich schaut heute der noch junge Wirt drein (auf jeden Fall ist er jünger als ich!), der erst seit knapp 3 Jahren diese Kultstätte vieler Wanderer gepachtet hat. Ein Traumobjekt. Wozu also schlechte Laune haben? Naja, das Geld fliesst auch hier nicht von alleine über die Selbstbedienungs-Theke. Dann warte ich mit meiner Familie an der Theke auf die Selbstbedienung. Diese aber dressiert gerade noch den Haushund. Dann erstehen wir Wasser, Apfelschorle und Weissbier (Karmeliter-Bräu, sehr lecker). Wir setzen uns raus und geniessen die Aussicht nach einer kleinen, aber aussergewöhnlichen Wanderung zum Rhöner Tintenfaß (tiefe Einblicke auf dem Foto). Es ist nicht viel los an diesem wunderschönen Tag in der Rhön. Die Schilder mit den Tagesgerichten bleiben drinnen in der Hütte stehen. Gerade mal ein Sonnenschirm wird aufgespannt. Das wirkt alles lustlos. Schade! Denn viele Wanderer und Mountainbiker kreuzen die Hütte. Fast alle halten hier nicht. Optisch gibt es scheinbar auch keinen Grund. Nochmal schade. Also dressiert der Wirt wieder den Hund. Er könnte auch mal das Pflaster kehren. Oder den Müll rundum einsammeln. Aber wozu? Früher kamen die Gäste ja trotzdem. Schönes Wetter – Bude voll! Einfache Rechnung eines Hüttenwirts. Genau das muß ihm jemand von diesen Rhönklub-Leuten erzählt haben. Die ihm die Hütte verpachtet haben. Aber Qualität kommt von quälen. Doch er quält sich nicht. Lieber den Hund.
Dafür „quälen“ wir uns. Bringen unser Leergut wieder zurück in die dunkle und rauchgeschwängerte Stube (da hängen sogar leckere Wildknacker – aber unter räuchern verstehe ich etwas anderes) und meine Kinder stellen alles brav und motiviert an der Theke ab. Nachdem bei der Bestellung der Wirt schon nicht in ganzen Sätzen reden konnte schafft es der Junior oder die Schüler-Aushilfe natürlich auch nicht. Stakkatohaft kommt da „Auf Wagen stellen!“ Ah – da steht ja ein Geschirr-Abräumwagen. Vor lauter Dunkelheit in der Hütte haben wir den nicht gesehen. Unglaublich wie primitiv Gastronomie funktionieren kann. Doch wie lange noch?
Übrigens: Wir haben zwei Kiliometer weiter im „Berghaus Rhön“ eine tolle Wirtschaft mit freundlicher Direktbedienung gefunden. Und einem sehr gepflegten Außenbereich. Sogar mit Erlebnis-Spielplatz für Kinder. Na also, es geht doch!