Die neugierige kleine Hexe
Die belgische Zeichnerin Lieve Baeten veröffentliche 1992 die Geschichten um die kleine neugierige Hexe Lisbeth die sich alleine in Deutschland über 700.000 mal verkauften. Und in viele andere Sprachen übersetzt wurden. Diese Geschichte ist nicht nur ein Märchen für Kinder. Sondern auch für Unternehmer. Schon tragisch, das ich durch den 2008 im Alter von erst 43 Jahren verstorbenen Schweizer Referentenkollegen Daniel Zanetti von diesem Märchen erfahren habe. Dieser kreative AndersDenker hat irgendwann dieses Märchen als Management-Newsletter versendet. Wahrscheinlich zum Schrecken der Leser. Ich habe es gelesen und bin bis heute begeistert. Die belgische Autorin verstarb im Jahre 2001 auch viel zu jung. Beide durch tragische Unfälle. In meinem Herzen leben sie durch diese Geschichte weiter. Meine Töchter Maxima und vor allem Maxine lieben diese Geschichte. Und vor kurzem bat mich Maxine, diese Geschichte fortzuschreiben. Was ich gerne getan habe…
Aber hier erst einmal das „Original“:
Es war eine helle Mondnacht und die ganze Welt lag schon im tiefen Schlaf. Nur in einem einzigen Haus brannte noch Licht. Das sah die neugierige kleine Hexe Lisbet, die noch mit ihrer Katze auf dem Besenstiel unterwegs war. Neugierig flog sie zu dem Haus und guckte durch das offene Dachfenster. Und was sah sie drinnen?!
Mäuse! Das regte die Katze so auf, dass sie – witsch – auf den Dachboden sprang. Lisbet verlor das Gleichgewicht und fiel – plumps – hinterher. Ein Knacken und ein Krachen und der Besenstiel war kaputt. Ach du liebe Zeit, wie sollte sie denn jetzt wieder von hier wegkommen? Doch was war das? Von unten hörte sie Musik. Neugierig, wie sie war, schlich Lisbet die Treppe hinunter.
„Guten Abend, das ist aber schöne Musik“, sagte sie. „Guten Abend, natürlich ist das schöne Musik. Ich bin doch die Hexe, die Musik machen kann. Und wer bist Du?“ „Ich bin Lisbet. Mein Besenstiel ist bei der Landung kaputtgegangen. Kannst Du ihn wieder heilmachen?“ „Dein Besenstiel heilmachen kann ich nicht, ich versteh nur was von Musik.“Und das Zimmer füllte sich mit wunderbarer Zaubermusik. Eine Weile hörte Lisbet zu. Aber nicht lange.
Herrliche Düfte schwebten die Treppe herauf, und neugierig, wie Lisbet war, musste sie nachsehen woher die Düfte kamen. „Guten Abend, mmh, wie riecht das hier gut“, sagte Lisbet. „Guten Abend, natürlich riecht das hier gut. Ich bin doch die Hexe, die gut kochen kann. Und wer bist Du?“ „Ich bin Lisbet. Mein Besenstiel ist bei der Landung kaputtgegangen. Kannst Du ihn wieder heilmachen?“ „Dein Besenstiel heilmachen kann ich nicht. Ich versteh nur etwas vom Essenkochen. Hast Du Hunger?“ „Das hat sehr gut geschmeckt“, sagte Lisbet und leckte sich die Finger ab. „Soll ich Dir jetzt mal was zu essen zaubern?“ Und sofort machte sie sich an die Arbeit. „Igitt, wie eklig!“, rief die Hexe, die kochen kann. „Ich mag keine Heuschrecken im Spinat. Geht bloß weg!“ Und Lisbet lief so schnell sie konnte, die Treppe hinunter.
„Guten Abend, was hast Du da für ein herrliches Bett“, sagte Lisbet. „Guten Abend, natürlich habe ich ein herrliches Bett. Ich bin doch die Hexe die Schlaf zaubern kann. Und wer bist Du?“ „Ich bin Lisbet. Mein Besenstiel ist bei der Landung kaputtgegangen. Kannst Du ihn wieder heilmachen?“ „Dein Besenstiel heilmachen kann ich nicht. Ich kann höchstens dich und deinen Besenstiel in Schlaf zaubern“ „Schlafen? Ich hab keine Zeit zum Schlafen!“, sagte Lisbet erschrocken und dann schlich sie auf Zehenspitzen die Treppe hinunter.
Lisbet war ganz erstaunt, als sie in den Keller kam. „Guten Abend, wer bist Du denn?“, fragte sie. „Guten Abend, ich bin die Hexe die gut basteln kann. Und wer bist Du? „Ich bin Lisbet. Mein Besenstiel ist bei der Landung kaputtgegangen. Kannst Du ihn wieder heilmachen?“ „Natürlich kann ich das! Ich kann alles heilmachen!“, rief die Hexe, die basteln kann. Und – wips – zauberte sie einen Raketenbesen für Lisbet. Die schrie vor Freude auf. „Das ist ja echte Zauberei!“ Und – ssst – sauste sie auf ihrem neuen Raketenbesen davon und in die Nacht hinaus.
He, war dahinten nicht ein Licht…?
Und hier die Fortsetzung aus meiner Feder 😉
He, war da hinten nicht ein Licht? Ja klar, die neugierige kleine Hexe Lisbet war immer auf der Suche nach einem Abenteuer. Und das nächste offene Fenster dort drüben – da kann sie ja mal reinschauen. Aber es sollte anders kommen…
Lisbeth hat den neuen Raketenbesen einfach nicht unter Kontrolle. Er ist zu schnell und seeehr eigenwillig. Au weia… Ihre Katze klammert sich ganz fest an ihr – was sie sonst nie macht. An dem offenen beleuchtetem Fenster rasen sie nur so vorbei. Hinaus in die dunkle Nacht. Lisbet hat keine Ahnung wie sie den Besen wieder in den Griff bekommen soll. Aber will sie das überhaupt? Es ist so aufregend mit diesem irren Tempo durch die Nacht zu sausen. Huuiii! Sie ist hellwach – und ihre Katze gerade eingeschlafen.
Nach einiger Zeit mit rasantem Tempo wird es wieder hell. Und dann geht die Sonne auf. Sie müssen ziemlich weit geflogen sein – denn diese Gegend, diese Landschaft hier ist ihr völlig fremd. Wird jetzt plötzlich der Raketenbesen müde oder liegt es an dieser wundervollen Landschaft das er langsamer fliegt? So ungefähr in dem Tempo wie ihr alter Besen. Ist sie fast nicht mehr gewohnt. Er gleitet über sanfte, unbewaldete Hügel, ein wunderbares Grün zaubert sich sogar ohne Hexenkunst in die Landschaft. Im Licht des Sonnenaufgangs glänzen die Steinhügel und dann entdeckt sie einen Wildbach an dessen Ufer Steine mit Moos liegen. Wunderschön. Fast schon kitschig. Aber einer Hexe ist ja nix zu kitschig oder zu glitschig. Aber… Nirgendwo sind Menschen zu sehen. Lebt hier denn niemand?
Wooo ist sie? Ihre Neugier packt sie wieder. Typisch Lisbet. Der Raketenbesen fliegt auf einmal noch lammsamer. Plötzlich entdeckt sie eine große Wiese mit Schafen. Wunderschöne Schafe. Mit einem schwarzen Kopf. Schlank, elegant, hübsch. So etwas hat sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Soooo schön. Lisbet will zu den Schafen. Und aus einem Schaf am liebsten eine große Lammbratwurst und einen dicken Wollpulli zaubern. Denn hier ist es kälter als in ihrem Land. Und Hunger hat sie. Huuunger!!! Wo ist jetzt die Hexe, die gut kochen kann? Hätte sie sich gestern nur mal richtig satt gegessen. Aber sie musste ja weiter. Ihr Besen war ja schließlich kaputt. Ja und jetzt hat sie einen störrischen Besen der noch nicht einmal merkt dass sie Hunger hat. Oder ist der Besen Vegetarier? Vielleicht sogar ein veganes Exemplar? Selbst im Hexenland ist das jetzt absolut in. Hexe Mathilda hat sich seit kurzem auf das Zaubern veganer Gerichte spezialisiert – ohne Zusatzstoffe. Statt eingelegten Froschaugen mit gekochten Hühnerfüßen und Hexator-Glutamat gibt es jetzt Schwarzwurzelschalen verquirlt mit wurmfreier Möhrenerde und Bio-Pfeffer.
Naja, denkt Lisbet so bei sich. Ein Trend jagt eben den anderen. Soll er doch. Sie bleibt so wie sie ist: Neugierig!
Der Raketenbesen, der jetzt kein Raketenbesen mehr ist wird müde. Und verliert ständig an Höhe. Wieder klammert sich die Katze fest an Lisbet und beide schauen entsetzt noch unten. Oooh nein! Sie schliessen die Augen, der Raketenbesen trudelt in der Luft. Und die Katze und Lisbet halten die Luft an. Hilfe, wir stürzen ab! Raaatsch! Plötzlich ist Ruhe. Es hat ordentlich geraschelt. Und Lisbet hat irgend etwas Hartes an den Kopf bekommen. Doch das Harte hat nachgegeben. Sie öffnet die Augen. Sie sind endlich gelandet. Aber nicht am Boden. Sondern in einem Baum. Ein Apfelbaum. Ein großer Apfelbaum! Ohjeh, ist der hoch! Ganz anders als die kleinen Apfelbäume im Hexenland. Und sie ist bei der unsanften Landung mit dem Kopf gegen einen Apfel gekommen. Und der Apfel ist mächtig sauer. Und die anderen Äpfel werden es jetzt auch. Und zwar alle. Lisbet erschrickt. Oh nein, das habe ich nicht gewollt. Der Raketenbesen ist schuld! Blöder Besen! Wegen dir sind jetzt alle Äpfel sauer! Oh neiiin!
Jetzt ist sogar Lisbet sauer! Sie klettert mit der Katze nach unten und nehmen vorsichtig den Raketenbesen mit. Erst jetzt merken sie, das die Raketen sich noch im Baum befinden. Und der Besen so wie ihr alter Besen aussieht. Oder ist er es sogar? Tatsächlich! Der Besen gehorcht aufs Zauberwort und sie fliegen zurück, bevor sie von den Menschen entdeckt werden, die da unten vom Tal auf die Obstwiese zu laufen. Und bestimmt mächtig sauer sind – so wie die Äpfel jetzt.
Erst Jahrhunderte später erfährt die kleine alte aber immer noch neugierige Hexe Lisbet das sie damals in „Rhönesien“ gelandet ist. Und dort seit ihrer Landung die sauersten Äpfel der Welt wachsen. Was sie aber bis heute nicht weiß, dass die Rhönesen seitdem aus den sauren Äpfeln etwas ganz Besonderes zaubern. Ganz ohne Hexenkunst: ApfelSherry!